Freitag, 19. November 2010

Stuttgarts Zukunft entscheidet sich nicht am Bahnhof

Heiner Geißler leistet großartige Arbeit, wie heute wieder zu erleben war.  Er hat mit seinem S21-Schlichtungsprozess die Diskussion um zeitgemässe Bürgerbeteiligung auf die Agenda gesetzt. Stuttgart 21 zeigt die Notwendigkeit auf, in unserer zunehmend komplizierten Welt neu über dieses Themen nachzudenken. Es ist essentiell, dass die Menschen über die Zukunft ihrer Stadt im Gespräch sind, sich streiten und in Dialogen nach Lösungen suchen. Stuttgart lernt diese neue Aufmerksamkeit und Anteilnahme gerade.
In der Sache Bahnknoten/Stuttgart 21 liegt aber eine nicht zu übersehende argumentative Hysterie. Stuttgart 21 wird deutlich überschätzt in seiner Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit der Stadt. Ob der Tiefbahnhof und die Schnellbahnanbindung kommen oder nicht, entscheidet nicht die Zukunftsfähigkeit Stuttgarts. - Stuttgart im 21. Jahrhundert wird nicht an S21 scheitern, auch wenn manche die Dinge "5 vor 12" interpretieren.

Hier gilt es, sich den Realitäten zu stellen und weniger zu träumen. Die Bahn ist eine der zentralen Innovationen des 19. Jahrhunderts. Die Hochgeschwindigkeitsstrecken und freitragende Konstruktionen eine Erfindung des 20. Jahrhunderts . Die Kombination daraus zur entscheidenden Verkehrsinfrastruktur für das 21. Jahrhundert in der Region Stuttgart zu erklären, ist aber doch sehr gewagt.
Die Schlüsselinfrastruktur für die erste Hälfte des 21. Jahrhundert scheint doch eher im Bereich der Breitbandnetze und digitalen Leitungskapazitäten zu liegen, der leistungsfähigen Internetknoten und Hochleitungsrechnernetze. Entscheidender für Stuttgarts wirtschaftliche und kulturelle Zukunft als die Bahnhofsfrage sind  flächendeckende, niedrigschwellige Zugänge zu leistungsfähigen Breitbandnetzen. Die nächsten Internetgenerationen werden nur für jene realen Nutzen stiften, die hier Zugang haben.
In diesem Bereich schläft die Region, schläft die Stadt. VDSL ist nicht die Ausbaustufe, sondern der notwendige Einstieg. Das reale "Stuttgart 21" scheitert oder gewinnt anders, als die "5 vor 12 für Stuttgarts Zukunfts"-Vertreter vermuten.